Wir brauchen ein Lieferkettengesetz, oder?
Schokoladenhersteller weltweit profitieren von Kinderarbeit. Auf den Kakaoplantagen in Westafrika, wo die wichtigste Zutat für Schokolade angebaut wird, arbeiten Kinder unter schlechten Bedingungen. Sie leisten schwere körperliche Arbeit und sind nicht vor Pestiziden geschützt. Bekannte, große Schokoladenhersteller, die in Deutschland eine Niederlassung haben und ihre Süßwaren verkaufen, profitieren von der Arbeit der Kinder.

Kakao ist die wichtigste Zutat für Schokolade. Etwa 70 Prozent der globalen Kakaoernte kommen aus Westafrika, die beiden wichtigsten Anbauländer sind Côte dʼIvoire (Elfenbeinküste) und Ghana. Dort arbeiten rund zwei Millionen Kinder unter schlechten Bedingungen auf Kakaoplantagen, was nach den Konventionen 138 und 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verboten ist. Die Kinder müssen schwere Kakaosäcke tragen, arbeiten mit gefährlichen Werkzeugen wie Macheten, wodurch es immer wieder zu Verletzungen kommt, oder versprühen ohne Schutzkleidung giftige Pestizide. Viele Kinder können wegen der Arbeit nicht in die Schule gehen. Viele Kinder sind im Kakaosektor zudem von Zwangsarbeit betroffen. Immer wieder gibt es Berichte, dass Kinder aus den Nachbarländern Mali und Burkina Faso nach Côte dʼIvoire verkauft und dort zur Arbeit auf Kakaoplantagen gezwungen werden.
Deutschland gehört zu den weltweit wichtigsten Märkten für Schokolade. Rund zehn Prozent der weltweiten Kakaoernte werden in Deutschland zu Süßwaren verarbeitet. Keiner der großen Schokoladenhersteller, die Kakao aus Westafrika beziehen und eine Niederlassung in Deutschland haben, kann bisher tatsächlich ausschließen, dass in seinen Produkten Kinderarbeit steckt.
Das Problem der Kinderarbeit im Kakaosektor ist seit vielen Jahren bekannt. Bereits im Jahr 2001 unterzeichneten Unternehmen der Kakao- und Schokoladenindustrie eine freiwillige Selbstverpflichtung, genannt „Harkin-Engel-Protokoll“. Darin versprachen sie, bis 2005 „die schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu beenden“. So verhinderten die Schokoladenhersteller in den USA ein Importverbot für Schokolade aus Ländern mit weit verbreiteter Kinderarbeit. Doch das ursprünglich vereinbarte Ziel wurde in den folgenden Jahren mehrfach revidiert. Bis zum Jahr 2020 wurde eine Reduzierung der Kinderarbeit um 70 Prozent anvisiert. Doch selbst das werden die Schokoladenhersteller offensichtlich verfehlen.
Die Schokoladenproduzenten engagieren sich zwar zunehmend mit Überwachungs- und Korrektursystemen gegen Kinderarbeit, doch durch dieses System wird nur ein kleiner Teil der Plantagenbetreiber*innen erreicht. Außerdem sind sie vielen Unternehmen zu kostspielig.
Ein Lieferkettengesetz in Deutschland würde den Druck auf deutsche Schokoladenhersteller oder Unternehmen mit Niederlassung in Deutschland erhöhen, gegen ausbeuterische Kinderarbeit vorzugehen. Unternehmen wären dazu verpflichtet, die Kinderarbeitsrisiken in ihren Lieferketten zu analysieren, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und über deren Wirksamkeit zu berichten. Sie müssten nachweisen, dass sie alles tun, um Kinderarbeit zu verhindern. Andernfalls würden sie Gefahr laufen, für eingetretene Schäden haftbar gemacht zu werden und Entschädigung leisten zu müssen.
- Washington Post (5. Juni 2019): „Hershey, Nestle and Mars broke their pledges to end child labour in chocolate production“, siehe: https://www.washingtonpost.com/graphics/2019/business/hershey-nestle-mars-chocolate-child-labor-west-africa/??noredirect=on, letzter Zugriff am 01.08.2019.
- Aktiv gegen Kinderarbeit
- Washington Post (5. Juni 2019)
- Pressemitteilung von INKOTA: „70 Prozent weniger Kinderarbeit: Das Versprechen der Schokoladenindustrie droht zu scheitern“
- INKOTA-Infoblatt „Kinderarbeit – die bittere Seite der Schokolade“,
Initiative Lieferkettengesetz
Good Practice Beispiele:
- Fairafric
- Chocolate Makers
- Equiori Kolumbien
Info: Wer wissen möchte, welche Firmen von welchen Plantagen „Fair gehandelte Waren“ beziehen, möge diese Publikation von Oiko Credit sichten.