Zu Gast: Menschenrechtspreisträger Dr. Kiran Kamal Prasad und Tamara Enhuber
Mittwoch, 19. Juni 2024,
18:00 bis 20:30 Uhr
PFL Vortragssaal
Peterstraße 3
26121 Oldenbur
Selten gibt es die Möglichkeit mit Menschen zu sprechen, die in anderen Ländern für ein gutes Leben für Alle aktiv sind. Deswegen freuen wir uns sehr, dass Dr. Kiran Kamal Prasad, uns im Juni von der Arbeit zur Überwindung der Schuldknechtschaft in Indien berichten wird. Sein Vortrag wird eingeordnet von Tamara Enhuber, welche über die globalen Zusammenhänge in der Lohnarbeit und dem Kampf gegen moderne Sklaverei in Deutschland und der EU berichten wird. 50 Mio. Menschen arbeiten und leben heute weltweit in Zwangsarbeit, Sklaverei oder unter Sklaverei-ähnlichen Bedingungen. Lebensmittel, Textilien, Leder, Baustoffe, IT, Schmuck und v. a. – es gibt kaum ein Produkt aus globalen Lieferketten, das ohne schwere Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen und Schäden für die Umwelt hergestellt wurde. Und kaum eine Region, in der moderne Sklaverei nicht praktiziert wird. Unternehmen erwächst hieraus ein Milliardengeschäft und als Konsument*innen haben wir uns an irreale Preise gewöhnt. Den Staatskassen hingegen entstehen große Verluste.
Wer sind die Betroffenen von (moderner) Sklaverei und wie wirkt sich diese auf sie aus? Welche Handlungsansätze gibt es lokal bis international von staatlicher wie zivilgesellschaftlicher Seite? Welche Möglichkeiten haben wir in unseren unterschiedlichen Wirkungsfeldern – am Arbeitsplatz, im Betriebsrat oder in der Gewerkschaft, im Studium, im Verein oder auch z. B. in Kunst und Kultur –, einen Beitrag zu einer guten Arbeit zu leisten?
Dr. Kiran Kamal Prasad, Menschenrechtspreisträger 2024 des AK-Shalom für Frieden und Gerechtigkeit an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, wird von Jeevika, einer Bewegung zur Überwindung von Schuldknechtschaft in Südindien, berichten. Tamara Enhuber, Koordinatorin der Bündnisse Sklavenlos! und Saarland-Verantwortung-Lieferketten, wird ein Schlaglicht werfen auf moderne Sklaverei weltweit und auf verschiedene Ansätze in Deutschland, in der EU und international, Menschen allerorts ein Arbeiten und Leben in Würde zu ermöglichen.
Im Anschluss bietet sich die Gelegenheit zu Fragen und Diskussion und zu einem Ausklang und informellen Austausch mit den Referent*innen und den Veranstaltern. Die Veranstaltung findet teilweise auf Englisch mit deutscher Übersetzung statt.
Die Referent*innen
Dr. Kiran Kamal Prasad. Ehemals tätig als Jesuitenpater, Arbeiterpriester, Lehrer und Ethnologe, lebte und arbeitete Anfang der 80er in Dorfgemeinschaften der Siddis (Nachfahren afrikanischer Sklav*innen in Indien), ab 1985 mit Dalits in Karnataka/Indien. 1987 wird Kiran K. Prasad zum ersten Mal mit Schuldknechtschaft konfrontiert. Seitdem engagiert er sich – ab den 90ern in der von ihm und jungen Dalits initiierten Bewegung Jeevika sowie in regionalen und nationalen Menschenrechtsgremien – für die Überwindung von ‚bonded labour‘[1] und für ein Empowerment der Dalits.
Jeevika begleitet Menschen auf ihrem Weg zur Freilassung aus ‚bonded labour‘ und zu ihrer Rehabilitation, unterstützt – inspiriert von Paulo Freires Befreiungspädagogik – Hunderte von Gewerkschafts- und Selbsthilfegruppen in den Dörfern Karnatakas, führt mit den Bewohner*innen Erhebungen durch, schult Arbeiter*innen, Aktivist*innen und Regierungsbeamt*innen, unterrichtet Kinder und Erwachsene, macht mit Straßentheater und Demonstrationen öffentlich auf ‚bonded labour‘ aufmerksam, stößt in Verhandlungen mit Behörden und Politik Programme und Regulierungen an.
Tamara Enhuber. Ausgebildet als Soziologin, arbeitet seit 1995 in verschiedenen Zusammenhängen – vom Studium über Consultancies für internationale Menschenrechtsorganisationen bis zur Koordination regionaler Bündnisse – zu heutigen Formen von Zwangsarbeit. Aktuell ist sie tätig als Eine Welt-Fachpromotorin für global verantwortliches Wirtschaften bei mehr Wert! e. V.
[1] Bonded labour („gebundene Arbeit“) – verschiedene Praktiken von Zwangsarbeit wie Schuldknechtschaft oder Fronarbeit, von denen vor allem Dalits und Angehörige indigener Gemeinschaften betroffen sind
Organisiert von Ökumenisches Zentrum Oldenburg, Oldenburg handelt fair, Arbeitslosen Selbsthilfe Oldenburg und mehr Wert! e. V.